Die Warum-Frage.

17. Mai 2020

Die Warum-Frage

Viktor E. Frankl warn davor, das Leben zu befragen. Etwa zu fragen: „Warum ist meine Tochter behindert?“, „Warum ist mein Mann ein Trinker?“, „Warum ist mein Sohn gestorben?“, „Warum hat mich mein Mann betrogen?“, „Warum hasst mich dieser oder jener?“

Das Forschen nach einem Warum ist immer erfolgreich, aber selten hilfreich. Erfolgreich ist es, weil wir unendlich weitschichtig spekulieren können, immer neuen hypothetischen Ursachen auf der Spur. Ursachen im Erbgut, Ursachen in der Erziehung, Ursachen im sozialen System, Ursachen in der Sternenkonstellation, Ursachen im früheren Leben… Bei der Fahndung nach dem Warum sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.


Selten hilfreich ist solche Fahndung jedoch, weil sie uns auf die falsche Fährte lockt. Viktor E. Frankl hat den Mut gehabt, dies entgegen der herkömmlichen analysierenden psychologischen Denkweise, die hauptsächlich auf Ursachenforschung angelegt ist, auszusprechen.

Er schreibt: Das Leben selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt. Er (der Mensch) hat nicht zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte, der dem Leben zu antworten – das Leben zu ver-antworten hat. Die Antworten aber, die der Mensch gibt, können nur konkrete Antworten auf konkrete „Lebensfragen“ sein. Das heißt, es ist gerade umgekehrt: Nicht das Fragen ist unsere Sache, sondern das Antworten, nicht das Warum ist relevant für uns, sondern das Deshalb. Das Leben fragt den einen: „Deine Tochter ist behindert. Was tust du jetzt?“ und den anderen: „Dein Mann ist ein Trinker. Was machst Du daraus?“ Das Leben fragt den Dritten: „Dein Mann hat dich betrogen? Wie gehst du damit um?“ und den vierten: „Du bist krank geworden. Wie stellst du dich dazu ein?“

Die Antwort ist unser. Die Antwort ist frei. Das Warum in letzter Schärfe zu durchschauen, ist uns nicht gegeben, aber das Deshalb in letzter Freiheit zu wählen, ist uns gewährt. Während der eine antworten wird: „Meine Tochter ist behindert, deshalb will ich von ihr nichts wissen“, wird der andere antworten: „Meine Tochter ist behindert, deshalb soll sie meine besondere Zuwendung erhalten“. Und während der eine antworten wird: „Ich bin krank geworden, deshalb freut mich das ganze Leben nicht mehr“, wird der andere antworten: „Ich bin krank geworden, deshalb nütze ich jede Minute meines Lebens sorgfältig aus“. Die Frage, die das Leben uns stellt, können wir uns nicht aussuchen, aber die Antworten, die wir darauf geben, sind Zeugnis unserer ureigensten geistigen Haltung, gleichsam „Fingerabdrücke“ unseres Ichs. (Elisabeth Lukas)

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