Heute tuts richtig weh.
Heute, wo ich das erste Mal die Trauerfeier für eine Corona-Tote (was für ein schreckliches Wort!) gestaltet habe und mir die Friedhofsmitarbeiterin gesagt hat “Ich arbeite seit 31 Jahren hier. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Ich hatte letztes Wochenende mein erstes freies Wochenende in diesem Jahr.” Habe ich das Recht darauf, dass es mir weh tut? Menschen sterben daran. So richtig in echt und nicht “im Spiel”.
Es ist jetzt fast ein Jahr, dass wir in dieser außergewöhnlichen Situation leben. Mal mehr, mal weniger bescheiden. Der Sommer war annehmlich. Ich konnte in den Urlaub fahren, am See die Zeit genießen und Begegnungen erleben. Anders. Dennoch vollkommen okay. Zufriedenstellend. Jetzt habe ich kaum Kontakte. Tue alles dafür um bestmöglichst eigenverantwortlich und rücksichtsvoll zu handeln. Lange Zeit konnte ich mit all diesem gut leben. Doch heute ist ein Tag an dem es mich ankotzt, dass ich nicht vergessen darf um 21 zuhause zu sein, meine FFP2 Maske zu tragen, Meetings online zu haben, Freunde über dem Bildschirm zu sehen, ich mich nicht ins Cafe setzen kann und ein Treffen mit meiner Familie die Regelungen bricht.
Ich wünsche mir keine Lockerungen der Maßnahmen. Ich wünsche mir, dass die Impfung ihre Aufgabe erledigt. Ich wünsche mir, dass wir keine dritte Welle erleben müssen. Ich wünsche mir Begegnungen. Ich wünsche mir Sommerduft im Biergarten. Ich wünsche mir Veranstaltungen in Präsenz. Ich wünsche mir Urlaub. Ich wünsche mir herzliche Umarmungen. Ich wünsche mir Mitmenschen, welche die Sonne im Herzen behalten. Ich wünsche mir Tanzveranstaltungen mit Motion und Converted. Ich wünsche mir Kerwas. Ich wünsche mir Hochzeiten mit 150 Gästen. Ich wünsche mir Trauerfeiern ohne Masken. Ich wünsche mir, dass es nicht mehr schmerzt. Ich wünsche mir Liebe – für uns alle.
Auch wenn das Leben manchmal traurig ist, bin ich froh dabei zu sein. – [Philipp Poisel]